Ich erzähle oft von früher. Mein Stempel-Früher fing cirka 1996 an, so genau weiß ich das nicht mehr. Ich erinnere mich an die Sekunde in der es begann, nämlich als ich das erste Mal einen PSX-Katalog aufschlug. Dieser Moment markiert für mich das Leben vor, und das Leben nach den Stempeln.

Danach kam viel- das Hobby, ein Job (bei einem Stempelladen und danach bei einem Hersteller), ein eigener Laden. Messen, Firmen, Kunden, Workshops. Das Internet begann sich zu regen, Blogs gab es noch nicht.

Doch wir hatten Zeitschriften, Freunde, Treffen. Wir haben uns ausgetauscht, abgeguckt, gezeigt und viel gelernt. Heute gelingt all das mit einem Mausklick. Oder mit vielen, wie man will. Informationen zu neuen Techniken sind in Sekundenschnelle verfügbar. Und es hat sich immens viel getan im Stempelhobby.

Ich habe dem Hobby vor rund 6 Jahren den Rücken gekehrt. Nach 8 Jahren stempeln extrem war das Thema für mich ausgereizt. Doch als es mich nun wieder gepackt hat, war ich völlig baff wie sehr sich in den paar Jahren das Stempeln verändert hat.

So viele Techniken und Produkte sind hinzugekommen. Manchmal kommt es mir wie eine Materialschlacht vor. Die Werke sind aufwändiger, aber nicht ohne Stanzmaschinen, Designerpapiere und Stoffblümchen zu machen. Ich finde das frustrierend. Ich fühle bereits, wie eine neue Kauflust in mir aufsteigt. Schablonen, Farben, Werkzeug das ich will um die Qualität der wunderschönen Grußkarten, Schachteln und Lesezeichen nachzuahmen.

Aber wird mich das befriedigen? Ich weiß es nicht. Glücklich würde es mich machen, wenn ich auch ohne all den Kram die Qualität erreichen könnte. Bisher schaffe ich das nicht. Und ich benutze all die Werkzeuge, die mir noch aus der Vergangenheit geblieben sind. Auch nicht grade konsequent.

Doch fernab von Materialschlacht und dem 100sten Sketch finde ich auch nach all den Jahren neue Impulse die kein Geld und Gut verlangen: Techniken.
Wie eine Blogkollegin schon erkannte bin ich ein Technikjunkie. Ich hoffe sie hat es nicht ironisch gemeint, denn es trifft absolut zu.

Immer schon habe ich wie eine Süchtige die neusten Techniken ausprobieren müssen. Neu bedeutet dabei nicht neu erfunden. Manche Techniken sind so alt wie Kohlezeichnungen an Höhlenwänden. Wir haben sie nur neu entdeckt.

Eine Technik, die mich in ihrer Neuartigkeit und gleichzeitigen Einfachheit sehr beschäftigt hat ist das Vermalen von Buntstiften mit Öl.
Was nun klingt wie ein Experiment im Kindergarten ist genau betrachtet ein kleines Wunder: Warum um alles in der Welt sind wir damals nicht darauf gekommen! Aquarellstifte mit Wasser zu vermalen ist logisch. Buntstifte vermalen konnten wir nicht, beziehungsweise erst nachdem die Firma Lyra den „Splender Pen“ auf den Markt gebracht hat. Ein Stift auf Ölbasis ohne Pigmente, dessen Mine in der Lage war die auf Ölbasis hergestellten Buntstifte zu vermalen. Der Splender Pen hat es ganz gut gemacht, aber längst nicht perfekt. Die Verteilung der Farben war nicht absolut gleichmäßig.

Als ich nun zum Stempelhobby zurückgekehrt bin sah ich mehr als verwundert, dass Stempler ihre Buntstifte mit Öl vermalen. Ja was? Wie einfach ist das denn? Warum sind wir damals nicht darauf gekommen: Ölstifte vermalt man mit Öl. Und dazu verwenden manche Stempler auch noch Babyöl, das ist so einfach dass man sich vor die Stirn klatschen möchte nicht selbst darauf gekommen zu sein.

Seit ich das „entdeckte“, habe ich damit experimentiert. Und bin fasziniert. Die Möglichkeiten dieser Technik erzielen je nach Stift, Malmittel und Papier die unterschiedlichsten Ergebnisse. Es liegt auf der Hand, dass grobes Papier einen groben Farbauftrag erzielt. Und ich habe ein Papier gekauft, welches nicht einmal als Notizzettel jemals in meinen Fundus gelangte: Karteikarten.

Dieses schrecklichste aller Papier ist wunderbar für die Ölvermaltechnik geeignet. Die nächste Hürde war das Werkzeug. Naiv wie ich nun mal bin musste ich das mit allem möglichen ausprobieren: Wattestäbchen, Zewa, Pinsel etc etc. Aber anscheinend gibt es nichts besseres als stinknormale Papierwischer. Darum waren die also in meinen Buntstiftkästen beigepackt!

Dann die Frage des Malmediums. Aus Omas Nachlass stand hier noch eine Halbliterflasche Babyöl. Sowas hebt Bärbel auf, man weiß ja nie….
Und ich konnte es gebrauchen. Es geht ganz gut.
Aber den Durchbruch konnte ich erzielen, als ich Irishteddys Tipp zu Herzen nahm: „Nimm den Bob Ross geruchlosen Verdünner.“ Da hat es leise bei mir geklingelt… vor Jahren habe ich mir das ganze Bob Ross Programm zugelegt, 3 Ölbilder gemalt und es dann vergessen. In der Kammer war der Kanister…halbvoll. Jipeee!

Mit Bob Ross Verdünner geht es wie im Traum! Nun mag man denken, ich vermale wasserfeste Buntstifte. Das würde ich auch tun, wenn ich sie finden könnte. Was ich gefunden habe, das war der riesige Kasten Lyra Aquarellfarben. Ich glaube ganz fest: Pigmente sind Pigmente, egal ob in Öl oder Wasser. Also vermale ich Farbstifte mit Verdünner, die man ohne weiteres auch mit Wasser vermalen könnte.
Das Malmedium Öl anstelle von Wasser erzeugt aber doch einen Unterschied. Mit dem Wischer und Verdünner kann man die Pigmente so gleichmäßig verteilen- glattes Papier vorausgesetzt- dass es fast wie ein Mini-Airbrush ausschaut.

Ich habe nun viele Papiere und Farbtöne ausprobiert, und male nur noch mit Bob Ross, und irgendwie sieht jedes Motiv trotzdem ein bisschen anders aus. Und das ist auch gut so.

Ich hoffe ihr habt ein wenig erfahren mit meinem ellenlangen Bericht. Denn der war nur die Vorrede für zukünftige Beispiele dieser Technik. Einige habe ich euch schon gezeigt. Ich erstelle ein neues „label“ für die Ölvermaltechnik. Wenn ich ein Motiv damit ausmale, schreibe ich es dazu. Vielleicht bringt es euch was. Mir bringt es sehr viel: Die Freude meine Motive immer wieder ein wenig anders ausmalen zu können. Aber immer schön.

Heute ein Beispiel, das ich für eine Challenge im PaperCraftPlanet gemacht habe. Jeden Samstag wird dort ein Sketch vorgegeben. Der Sketch dieser Woche gefiel mir ausnehmend gut. Ich habe ihn natürlich wieder bis zur Unkenntlichkeit verändert. Hauptsache es macht Spaß!

Das Motiv wurde auf Karteikarte mit StaZon gestempelt und mit Lyra Aquarell, Bob Ross geruchlosem Verdünner und einem Papierwischer Größe 0 vermalt.

Wie erstaunlich gleichmäßig sich die Farbe verteilen lässt sieht man in der Detailaufnahme:

Die einzigen Ungleichmäßigkeiten die zu sehen sind stammen von der Oberfläche des Papiers. Wer genau hinsieht, entdeckt schlampiges Stempeln, aber ich sage nicht wo…
Wenn man bedenkt, dass das linke Hasenohr exakt 1,5 cm groß ist…. finde ich die Gleichmäßgkeit der Farbverteilung in dieser winzigen Dimension absolut erstaunlich.
Viele Stempler arbeiten mit Copic-Stiften. Mit diesen Stiften auf Alkohol-Basis sind solche Farbverläufe kein Problem. Aber diese Stifte sind immens teuer und für Farbverläufe benötigt man immer mehrere Farbtöne, meist aber drei einer Farbe. So viel zu Materialschlacht. Dann doch lieber mit der Ölvermaltechnik einen ähnlichen Effekt erzielen, aber für einen Bruchteil des Preises, gell?

Ich hoffe mein heutiger Erguss hat euch gefallen. Stempler kennen die Ölvermaltechnik aus dem Effeff. Mir war sie völlig neu. Aber nun liebe ich sie. Und werde bestimmt noch viel damit arbeiten.







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