Ein Beitrag aus meinem alten Burda-Blog übertragen:
Schon im vergangenen Jahr hatte ich geschrieben, dass ich nun dort bin wo ich hingehöre. Oft wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich wie im Zeitraffer all die Bilder der letzten fünf Jahrzehnte an mir vorbeiziehen. Die alten Gebäude, die nicht mehr sind. Die Obstbäume, der riesige Walnussbaum wo schon lange ein Haus steht. Die Schneeglöckchenfelder auf den Wiesen, auch dort wohnen schon lange Menschen, und man sieht wenig Glöckchen.
Bäume und Gebäude mussten neuen Gebäuden weichen, die alte Schotterstraße wo man im Winter so gut rodeln konnte wurde zuasphaltiert und so viele schöne Dinge gibt es nur noch in der Erinnerung. Aber eines kann niemand abbauen, einreißen oder zerstören: Diesen Flecken Erde. Der Dreck aus dem wir gemacht sind.
Als meine Oma noch lebte und mich an einem Sommertag schwitzend im Garten buddeln sah, sagte sie „Du liebst das Land.“ Ich weiß nicht, ob sie es wusste oder ob es eine Frage war. Ich habe nie geantwortet. Was ist das Land? Die Erde die ich umgrabe? Was darauf wächst? Was jemand darauf gebaut hat? Die Menschen die darauf wohnen? Wenn ich mich in meinen Garten stelle und umsehe, sehe ich das Land. Die sanft abfallenden Hügel, ferne Höhen und das satte Grün. All die Schattierungen einer Farbe, die das Leben symbolisiert. Hellgrün, dunkelgrün, gelbgrün, tannengrün, grün, grün, grün.
Diese blöden Grashalme die schneller wachsen als ich sie mähen kann, scheinen mir zu sagen: „Ätsch, da sind wir wieder“ und ich führe ein schalkhaftes Zwiegespräch mit dem hartnäckigen Grün. „Warum wächst das so schnell?“ Vielleicht will es mir eine Freunde machen. Noch mehr Grün.
Dann schaue ich weiter, und sehe Bäume, die mein Großvater eingepflanzt hat, der vor 20 Jahren verstorben ist. Soll man darum einen Baum pflanzen? Damit etwas bleibt auch wenn man selbst längst zu Staub zerfallen ist? Die Nachkommen erinnern sich, doch auch diese Erinnerung stirbt mit ihnen. Der Baum steht immer noch. Jedoch auch wenn der Baum gefällt und vergangen ist, das Land ist noch da. Nur schwer kann der Mensch Hügel abtragen oder Flüsse trocken legen. Die nahe Wupper war bis vor kurzem ein dreckiges Rinnsaal, doch Dank beherzter Anwohner ist sie stellenweise eine Oase der Ruhe und Besinnung, wenn man sich nur darauf einlassen möchte. Und man kann sogar darin baden, wenn man das unbedingt will.
Ob ich das Land liebe? Ja, diesen Flecken liebe ich. Wenn es gestattet wäre, möchte ich hier begraben werden, in meinem Garten. An dem Ort wo ich geboren bin, aufgewachsen, gelernt habe, mich verliebt habe und den ersten Kuss bekam. Wo meine Kinder spielten, die besten Kirschen wachsen, im Frühjahr die Kastanie blüht und das Gras schneller wächst als mir lieb ist.
Aber ich weiß nichts über diesen Ort. Er existiert ja nicht nur seit meiner Geburt. Darum werde ich mich nun auf die Suche machen, woher ich komme und welche Menschen hier vor mir gelebt haben. Ob diese Menschen die romantischen Gefühle für ein Land entwickeln konnten, das sie mit knapper Not ernährte kann ich nicht sagen. Es wird gewiss auch fette Bauern gegeben haben. Aber egal ob reich oder arm, sie haben die gleichen Hügel gesehen und in der Ferne die Rheinische Tiefebene. Heute kann ich dort- nicht weit von meinem Haus- zur Rechten den Düsseldorfer Fernsehturm sehen und zur Linken den Kölner Dom. Beides auf einmal, friedlich nebeneinander.
Und ich in der Mitte. Auf dem Berg. Im Bergischen. Land. Und wie ich es liebe!
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Schon im vergangenen Jahr hatte ich geschrieben, dass ich nun dort bin wo ich hingehöre. Oft wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich wie im Zeitraffer all die Bilder der letzten fünf Jahrzehnte an mir vorbeiziehen. Die alten Gebäude, die nicht mehr sind. Die Obstbäume, der riesige Walnussbaum wo schon lange ein Haus steht. Die Schneeglöckchenfelder auf den Wiesen, auch dort wohnen schon lange Menschen, und man sieht wenig Glöckchen.
Bäume und Gebäude mussten neuen Gebäuden weichen, die alte Schotterstraße wo man im Winter so gut rodeln konnte wurde zuasphaltiert und so viele schöne Dinge gibt es nur noch in der Erinnerung. Aber eines kann niemand abbauen, einreißen oder zerstören: Diesen Flecken Erde. Der Dreck aus dem wir gemacht sind.
Als meine Oma noch lebte und mich an einem Sommertag schwitzend im Garten buddeln sah, sagte sie „Du liebst das Land.“ Ich weiß nicht, ob sie es wusste oder ob es eine Frage war. Ich habe nie geantwortet. Was ist das Land? Die Erde die ich umgrabe? Was darauf wächst? Was jemand darauf gebaut hat? Die Menschen die darauf wohnen? Wenn ich mich in meinen Garten stelle und umsehe, sehe ich das Land. Die sanft abfallenden Hügel, ferne Höhen und das satte Grün. All die Schattierungen einer Farbe, die das Leben symbolisiert. Hellgrün, dunkelgrün, gelbgrün, tannengrün, grün, grün, grün.
Diese blöden Grashalme die schneller wachsen als ich sie mähen kann, scheinen mir zu sagen: „Ätsch, da sind wir wieder“ und ich führe ein schalkhaftes Zwiegespräch mit dem hartnäckigen Grün. „Warum wächst das so schnell?“ Vielleicht will es mir eine Freunde machen. Noch mehr Grün.
Dann schaue ich weiter, und sehe Bäume, die mein Großvater eingepflanzt hat, der vor 20 Jahren verstorben ist. Soll man darum einen Baum pflanzen? Damit etwas bleibt auch wenn man selbst längst zu Staub zerfallen ist? Die Nachkommen erinnern sich, doch auch diese Erinnerung stirbt mit ihnen. Der Baum steht immer noch. Jedoch auch wenn der Baum gefällt und vergangen ist, das Land ist noch da. Nur schwer kann der Mensch Hügel abtragen oder Flüsse trocken legen. Die nahe Wupper war bis vor kurzem ein dreckiges Rinnsaal, doch Dank beherzter Anwohner ist sie stellenweise eine Oase der Ruhe und Besinnung, wenn man sich nur darauf einlassen möchte. Und man kann sogar darin baden, wenn man das unbedingt will.
Ob ich das Land liebe? Ja, diesen Flecken liebe ich. Wenn es gestattet wäre, möchte ich hier begraben werden, in meinem Garten. An dem Ort wo ich geboren bin, aufgewachsen, gelernt habe, mich verliebt habe und den ersten Kuss bekam. Wo meine Kinder spielten, die besten Kirschen wachsen, im Frühjahr die Kastanie blüht und das Gras schneller wächst als mir lieb ist.
Aber ich weiß nichts über diesen Ort. Er existiert ja nicht nur seit meiner Geburt. Darum werde ich mich nun auf die Suche machen, woher ich komme und welche Menschen hier vor mir gelebt haben. Ob diese Menschen die romantischen Gefühle für ein Land entwickeln konnten, das sie mit knapper Not ernährte kann ich nicht sagen. Es wird gewiss auch fette Bauern gegeben haben. Aber egal ob reich oder arm, sie haben die gleichen Hügel gesehen und in der Ferne die Rheinische Tiefebene. Heute kann ich dort- nicht weit von meinem Haus- zur Rechten den Düsseldorfer Fernsehturm sehen und zur Linken den Kölner Dom. Beides auf einmal, friedlich nebeneinander.
Und ich in der Mitte. Auf dem Berg. Im Bergischen. Land. Und wie ich es liebe!
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